In Lenas Leben gibt es zwei Kurts: Da ist zum einen ihr Freund, mit dem sie vor kurzem ein Eigenheim in Oranienburg gekauft hat, und dann gibt es da noch dessen Sohn, der halb bei ihnen, halb bei seiner Mutter lebt. Die vorstädtische Familienidylle ist geprägt durch den Umbau des Hauses, die Gestaltung des Gartens und geselliges Beisammensein. Auch wenn Lena und der grosse Kurt dem Leben in der Stadt bisweilen ein wenig nachtrauern, so scheint der Schritt in die Agglomeration Berlins nicht zuletzt wegen des Kontakts zum kleinen Kurt doch die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Gemeinsam gestalten sie den Garten und schmieden Pläne für das Haus und die Zukunft. Bis sich Kurti eines Tages auf dem Schulhof vom Klettergerüst fallen lässt und sich dabei das Genick bricht. Niemand hat Schuld, niemand hätte etwas anders machen können oder sollen. Und vielleicht ist das fast noch schlimmer, als wenn es jemanden gegeben hätte, den oder die man hätte anschreien und verantwortlich machen können. Kurt versinkt in seiner Trauer, gemeinsam mit Jana, der Mutter des verstorbenen Kindes. Und Lena, die eigentlich schon vor dem Unfall nicht recht wusste, wo in dieser Konstellation eigentlich ihr Platz ist, findet plötzlich gar keinen Zugang mehr.
Einfühlsam und in Mitten des Berliner Dialekts mit unerwarteter Sprachgewalt findet Sarah Kuttner einen unheimlich liebevollen Umgang mit der Situation. Sie schreibt davon, wie ein solches Ereignis eigentlich gar nicht auszuhalten ist und wie es die Personen dann doch schaffen, sich langsam aber sicher wieder an die Oberfläche zu kämpfen. Das Buch ist mitunter unheimlich traurig, tröstlich und bietet doch immer wieder eine behagliche Prise Komik.
Kuttner, Sarah: Kurt
9783103974249
S. Fischer Verlag 2019